#16

RE: Reden mit Rechtsextremisten

in Antifaschismus.de 07.02.2019 03:27
von Markus Rabanus • 10.087 Beiträge

Ich sah mir vor ein paar Wochen Prof. Meuthens Facebook an und wollte dort aus Prinzip nicht schreiben, weil ich anders als Broder der Auffassung bin - und auf erheblich mehr Erfahrung beruhend, dass sich mit Löwen in deren Höhle schlecht reden lässt, es sei denn, dass man einer der ihren ist.
Aber Meuthen ergeht sich so sehr in Hass- und Hetztiraden, dass ich gar nicht anders konnte und ihm strafbare Volksverhetzung vorwarf.
Es rührte ihn nicht, denn bei so viel Zuspruch seitens seiner Gemeinde, fühlt er sich zu sehr bestätigt.
Darum ärgert es mich, dass man glaubt, der AfD mit VS-Beobachtung beikommen zu können, während es m.E. eher einfach bloß wache Staatsanwälte braucht, denn was wir an Hetze durchgehen lassen, ruiniert uns die Kultur und lässt extremistische Parteien erstarken.


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#17

RE: Reden mit Rechtsextremisten

in Antifaschismus.de 08.02.2019 11:44
von Markus Rabanus • 10.087 Beiträge

Ja, es gibt auch niedliche Strolche. Ich war so einer ;-)
Aber erfahrungsgemäß ärgern sich Nazis am meisten, wenn ich sie "Strolche" nenne, denn sie möchten uns empören oder schlottern sehen - und mögen keine Erziehung.
Unser Umgang mit Fakenews ist falsch, denn wenn sie volksverhetzen, dann gibt es dafür den § 130 StGB, aber offenbar zu wenig Staatsanwälte.
Und wer Fakenews aus Leichtgläubigkeit verbreitet, wäre ebenfalls strafbar. Aber das geschieht nicht.
Wobei es mir gar nicht darauf ankommt, dass massenhaft scharfe Strafen verhängt werden müssten, denn ich plädiere eher für Niederschwelligeres, z.B. für Ahndung als Ordnungswidrigkeit mit Bußgeld - und nur bei Widerspruch und Wiederholungstätern für Strafverfahren.


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#18

RE: Reden mit Rechtsextremisten

in Antifaschismus.de 08.02.2019 15:21
von Markus Rabanus • 10.087 Beiträge

@Ronny, mir ist mal passiert, als ich türkisch-stämmige Lümmel ausschimpfte, weil sie auf dem U-Bhf. ein hübsches Mädchen belästigten.

Ich fragte, was sie davon halten würden, wenn ich mich gegenüber ihren Schwestern so benehmen würde. Freche Sprüche alle miteinander.

Die Bahn kam, wir stiegen ein - und einer sagte zu den anderen mit Zeigefinger zu mir: "Der Nazi traut sich rein!"

Ich ging auf ihn zu, ebenfalls mit Zeigefinger - und sagte: "Der Unterschied zwischen dir und mir ist, dass wenn dir jemand blöde kommt, ich dir beistehen würde. Und du umgekehrt offenbar nicht. Das macht dich zum Nazi."

Wenn ich mich recht erinnere - einer meiner FB-Freunde war dabei, war anschließend Stille.


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#19

RE: Reden mit Rechtsextremisten

in Antifaschismus.de 09.02.2019 02:00
von Markus Rabanus • 10.087 Beiträge

beides muss sein. Und leider muss man auch beides können.
Aber tatsächlich ungeheuer wichtig und bewährt, sich der persönlichen Biographie anzunehmen, denn häufig werden persönliche Probleme "extremistisch vergesellschaftet", Beispiele: Breivik, Zschäpe und m.E. auch Hitler und viele sonstige Despoten.
Anders stellt sich dar, wenn der Extremismus pures Geschäftsmodell ist, denn das gibt es auch, z.B. scheint es mir bei Petri und Weidel so zu sein, denn ich traue denen zu, dass sie "auch anders könnten", aber hordistischer Egoismus ist eben leider auch eine politische Marktlücke.
Für den persönlichen bzw. menschliche Dialog braucht es allerdings dafür geeignete Situation, denn Extremisten reden bspw. in TV-Talkshows ungern darüber, warum sie zu Ekeln wurden ;-)


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#20

RE: Reden mit Rechtsextremisten

in Antifaschismus.de 09.02.2019 13:58
von Markus Rabanus • 10.087 Beiträge

@Bernd, stimmt, aber "Verblendung" gibt es auch bei Freunden, bei meiner Mama und mir ;-) Das kann sogar trauriger machen als bei politischen Gegnern.

"Verblendung" ist oft Entwicklung. Und lässt sich auch wieder umkehren.

Mit der Initiative-Dialog holten wir Leute aus höchsten NPD-Kreisen weg, aus "Kameradschaften" usw., weil wir a) die richtigen Worte fanden, b) die PsychoLogik bedachten, c) richtig unterschieden, was sich auf welcher Bühne und auch dahinter machen lässt.

Mein persönliches Motto: "Auch Nazis sind Menschen. Man muss es ihnen allerdings bewusst machen & sie drauf verpflichten." :-)


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#21

RE: Reden mit Rechtsextremisten

in Antifaschismus.de 09.02.2019 17:53
von Markus Rabanus • 10.087 Beiträge

Übrigens sehe ich etwas anders, denn m.E. kam Mo sehr wohl ins Gespräch mit Nazis. Und auch erfolgreich, denn das Schweigen einiger Gegenüber ist nicht bloß Schweigen, sondern oft auch Kapitulation.
Genau diese Erfahrung machten auch wir mit dem Projekt "Nazis.de" der Initiative-Dialog.
Und dass & und wie sie es schaffte, sogar diesen Tom Metzger straucheln lässt, 1:01:00 - Durch pure Menschlichkeit.
Leider nur bis morgen in der Mediathek, aber ich nahm es auf.


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#22

RE: Reden mit Rechtsextremisten

in Antifaschismus.de 10.02.2019 16:28
von Markus Rabanus • 10.087 Beiträge

Mag sein, dass Mo Asumang sich mehr vom Dialog versprochen hat - und das "Reden mit Rechten" durch die von Theweleit beschriebene Entfremdung erschwert ist,
aber ich halte ihren Dialog für stattgefunden und gelungen, denn auch das Schweigen der angesprochenen Extremisten ist Kommunikation, äußert sich mal als Arroganz, mal als Unsicherheit.

Mit beidem lässt sich umgehen. Freilich nicht in jeder Situation, denn ein Fascho in seiner Horde hat für jedes hordenkonforme Verhalten genug emotionale Unterstützung, aber nichts davon rettet im Vieraugengespräch über weite Strecken, es sei denn andere Faktoren "stabilisieren" in fanatischer Humanismus-Opposition.

Solch' Faktor kann insbesondere sein, dass der Antihumanismus jemandes Geschäftsmodell ist, Verkauf reaktionärer Devotionalien oder auch das Streben nach öffentlichen Ämtern.

Und sogar dann ist Asumang erfolgreich, wie sich zeigt im Gespräch mit dem Ober-Rassisten Thomas Linton Metzger, als sie ihm seine verschrobene Baum-Metapher humanistisch wendet, wie er über sich zu schmunzeln beginnt, sie um eine Umarmung bittet und sich amüsiert, dass es seinem Geschäftsmodell abträglich sei, wenn es zu sehr bekannt würde.

Entschieden leichter hat man es mit Neonazis, die ohne Geschäftsmodell sind, wenngleich sie davon träumen, am "Tag-X" mächtig zu sein, "Herrenrasse" usw., aber auch solche Strolche lassen sich nachdenklich machen und sind es oft schon im Hinterkopf, dass die Brüllerei "Sieg Heil!" nicht wirklich zum "Endsieg" führten - und für ziemliche Menge ihresgleichen ins Grab.
Dass es heute und morgen nicht anders ausgehen wird, denn eine Welt oder ein Europa, in dem die Länder von Nationalisten regiert werden, würde in nationalistischen Kriegen verbrennen, sobald nicht mehr durch Reste und Kräfte humanistischer Gesellschaft und völkerrechtlicher Weltordnung daran gehindert.

Überdies machen Rechtsextremisten nicht bloß netteste Erfahrungen in ihren Kreisen, so sehr einig sie sich auf Demos präsentieren, denn der zur Horde hochideologisierte Egoismus ist immerhin Hauptprinzip, folglich Recht des Stärkeren und für Schwächere Unrechtserfahrung.
Kein Mensch wird als Nazi geboren, so dass es immer lohnt, die biographischen Weichenstellungen zu klären, denn viele Extremisten "vergesellschaften" ihre Probleme/Traumata. - Breivik, Zschäpe usw. scheinen mir dafür Beispiele.

Mein persönliches Motto: "Auch Nazis sind Menschen. Man muss es ihnen allerdings bewusst machen & sie drauf verpflichten." :-)

So haben wir viele Jahre mit dem Projekt "Nazis.de" der Initiative-Dialog Rechtsextremisten auch aus der terroristischen Szene geholt, mit teils simpelster Menschlichkeit.

Das allerdings ist bloß ein individuell-therapeutisches Konzept und vermag gesellschaftliche Fehlentwicklungen großen Stils nicht aufzuhalten.

Das kann nur gelingen, wenn die große Politik sich darauf versteht,
- der gesamten Gesellschaft ein Sein und eine Perspektive in humanistischer Ordnung zu gewährleisten,
- jeglichen Hordismus als Irrweg und vor allem auch Irrziel aufzuzeigen.

Doch auf die Menschlichkeit im Kleinen dürfen wir auch im Großen nie verzichten. Und das mache niemand als "Schmusekurs" verächtlich, denn bei Volksverhetzung und Gewalt muss Strafe sein, sonst macht sich die Zivilgesellschaft lächerlich.


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zuletzt bearbeitet 10.02.2019 18:32 | nach oben springen

#23

RE: Reden mit Rechtsextremisten

in Antifaschismus.de 24.02.2019 01:34
von Markus Rabanus • 10.087 Beiträge

Markus Sebastian Rabanus Per IniDia-Projekt www.Nazis.de führten wir mit Tausenden Rechtsextremisten Dialoge. Und zwar so erfolgreich, dass immerhin viele den Ausstieg schafften oder aber Probleme mit ihren Kreisen bekamen, weil wir effizient waren.
Und Dialog mit RAF scheute ich auch nicht. Bis in die Achtziger bitter nötig. Jedenfalls in Berlin.
Als staatliche Förderung für Aussteigerkonzepte ins Gespräch zu Beginn des Jahres 2000 ins Gespräch kam, war ich mal zu einer Anhörungsrunde in Bundestag eingeladen, denn unsere Initiative-Dialog.de war damals bundesweit und in Österreich, Schweiz präsent, lehnte ich für unser Projekt ab - zwecks Unabhängigkeit und weil es dadurch leichter fiel, mit Rechtsextremisten ins Gespräch zu kommen.
Aber für Organisationen wie Exit-Deutschland befürworten wir sehr wohl staatliche Unterstützung, denn professionelle Resozialisierung ist bei Rechtsextremisten, zumal oft Straftäter, oft nicht weniger erforderlich als bei Drogenabhängigen usw.
Auch Beratung von Schulen und Eltern lässt sich auf bloß ehrenamtlicher Basis schlecht organisieren, um den Bedarf zu decken. Viele Anfragen sind nicht öffentlich, "weil peinlich".


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#24

RE: Reden mit Rechtsextremisten

in Antifaschismus.de 24.02.2019 03:27
von Markus Rabanus • 10.087 Beiträge

Klar, darum schalte ich die Talks auch immer gleich ab, weil ich LEIDE ;-), wenn ich unsere Schwachmaten argumentieren höre, die sich einbilden, mit ihren in eigenen Nette-Leute-Kreisen genügenden Sprüchlis rechtsextremistischen Stereotypen gewachsen zu sein. Und genau den "Anführern" muss Paroli sein. Ein Gysi könnte es. Weil der weiß, was auf dem Spiel steht, während dem Normalo genügt, wenn ihm die eigenen Anhänger applaudieren. Und das macht dem Gauland, Meuthen nüscht.
Es ist okay, wenn welche "Nicht mit Rechten reden" sagen, weil wer die Energie nicht hat, soll die Konfrontation unbedingt meiden - und sich im Kleinformat üben, mit Verwandten, Bekannten, denn die Seuche ist längst überall. Aber dann muss man eben auch vorbereiten und auswerten, viel überlegen. Das ist Arbeit. Und viele sind zu faul dazu, denn die Likes, die jeder Mensch braucht, lassen sich so viel leichter mit einfachsten, selbstgerechten Sprüchen einholen.


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#25

RE: Reden mit Rechtsextremisten

in Antifaschismus.de 17.03.2019 17:15
von Markus Rabanus • 10.087 Beiträge

Mindestens ein Jahrzehnt rutschte mir die Initiative-Dialog.de durch einen Appell an die Öffentlichkeit, dass und wie mit Rechtsextremisten zu reden sei, in die Verantwortung, es selbst zu tun.
Das in vielen Medien erwähnte Projekt hieß "Nazis.de" und generierte wahrscheinlich mehr "Aussteiger" als jede bezuschusste Initiative - und noch heute kommt es immer wieder vor, dass sich welche für unser Engagement bedanken, auch solche, die damals nicht "ausstiegen", aber doch einiges kapiert hatten, was sie ernüchterte und auf Distanz zum Extremismus brachte.

Wir verhießen uns nicht als "letzte Chance", denn auch die krudesten Strolche wissen, dass es sogar für Mord spätestens nach 15 Jahren "weitere Chance" gibt, weil uns die Zivilität Rache verbietet und die Vergeltung als Teilaspekt von Strafe beschränkt.

Unsere Ansprache war anders: Du hast jeden Moment die Chance, dein Leben zu ruinieren oder gar zu verlieren, aber du kannst die Richtung in fast jedem Moment ändern, solange du noch frei darin und nicht auf gnädige Reaktionen angewiesen bist.

- nicht gepostet, weil unser IniDia-Server offenbar gestört ist, auf den ich verlinken wollte -


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#26

RE: Reden mit Rechtsextremisten

in Antifaschismus.de 17.03.2019 17:19
von Markus Rabanus • 10.087 Beiträge

@Andreas H., wahrscheinlich liegen wir im Praktischen nicht weit auseinander.

Wir verhießen uns in der Antifa-Arbeit jedoch nicht als "letzte Chance", denn auch die krudesten Strolche wissen, dass es sogar für Mord spätestens nach 15 Jahren "weitere Chance" gibt, weil uns die Zivilität Rache verbietet und die Vergeltung als Teilaspekt von Strafe beschränkt.

Unsere Ansprache hatte eher folgenden Tenor: "Du hast jeden Moment die Chance, dein Leben zu ruinieren oder gar zu verlieren. In schon deutlich weniger Momenten kannst du aber die Richtung ändern, solange und insoweit du noch frei darin und nicht auf gnädige Reaktionen angewiesen bist."


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#27

RE: Reden mit Rechtsextremisten

in Antifaschismus.de 30.03.2019 11:52
von Markus Rabanus • 10.087 Beiträge

Antifaschismus

Demokratisch und mit rechtsstaatlichen Mitteln, denn anders ging es schief.
Niemand hat so viele Spaß an Gewalt und Hinterhalt wie Nazis.


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#28

RE: Reden mit Rechtsextremisten

in Antifaschismus.de 02.04.2019 20:55
von Markus Rabanus • 10.087 Beiträge

Metaphern sind nicht jedermanns Sache. Auch Politologe Patzelt patzt, wenn er von "rechtem Narrensaum" spricht, denn extremistische Narretei zeichnet sich dadurch aus, dass sie sich nicht einsäumen lässt.
Hingegen braucht es für demokratische Parteien sehr wohl einen Saum, einen programmatischen Rahmen, der sich dem Extremismus gegenüber stellt, keine Öffnung für den Extremismus.

Soweit. Nun wäre es am Patzelt, sein Konzept darzulegen. Nichts dergleichen geben seine bisherigen Einlassungen her. Stattdessen befleißigte er sich in Übernahme und Verharmlosung flüchtlingsfeindlicher Denkweisen und Aktivitäten.
Tiefpunkt waren seine Kommentare zum Chemnitz-Video im Herbst vergangenen Jahres.


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#29

RE: Reden mit Rechtsextremisten

in Antifaschismus.de 26.04.2019 00:02
von Markus Rabanus • 10.087 Beiträge

Es kommt auf so vieles an, dass es mal Sinn machen, mal Unsinn sein kann.
Es kommt auf den Rahmen an, ob und welche Intervention lohnt oder bloß gegenseitige Stereotype bedient.
Und das gehört oft schon vorher geprüft - und vorher geübt. Wer sich keine Vorstellung davon macht, kann nur scheitern, denn insbesondere Genies verlassen sich am wenigsten auf Spontaneität.
Das gewöhnlich genügende Argumente genügt gegenüber Extremisten nicht. Wer nicht gedanklich und emotional zu überraschen weiß, soll es lassen.


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#30

RE: Reden mit Rechtsextremisten

in Antifaschismus.de 26.04.2019 00:05
von Markus Rabanus • 10.087 Beiträge

Wer sagt, man könne mit denen nicht reden, der sagt, man könne mit Menschen nicht reden. Hätte er "ich weiß nicht zu reden" gesagt, wäre es wahrer gewesen.


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