Die moralische Kollektivhaftung von Gesellschaften, in oder aus deren Mitte Massenverbrechen geschehen, halte ich für einen unausweichlichen Reflex anderer Gesellschaften. So dass sich die Frage des Umgangs damit stellt.
"ich kann verstehen, dass man wegen Shoa und Weltkrieg etwas gegen Deutsche hat". - Diese Frage fehlte der Reihe im Tagesschau-Beitrag.
Es ist mir selbstverständlich, dass man von Deutschen besonders erwarten darf, den Antisemitismus und gesamten NS in aller Schärfe zu verurteilen und folglich auch die politischen Kräfte, die ihn verharmlosen.
Von Muslimen wird vielerseits erwartet, dass sie sich vom islamistischen Terrorismus distanzieren. Und das wird erwartet, obgleich hauptsächlich Muslime Opfer des islamistischen Terrors sind. Darum mache ich solche Erwartungen nicht geltend, freue mich jedoch, wenn es Muslime deutlich machen.
Wer keine Doppelten Standards will, hätte gleichermaßen von Juden zu erwarten, dass sie sich von Israels "Siedlungspolitik" distanzieren, denn sie ist völkerrechtswidrig, weil dem israelischen Staat fremdes Gebiet zerstückelnd und einverleibend.
Dass bspw. der Begriff "Russlandkritik" weniger gebräuchlich ist als der Begriff "Israelkritik", darf stutzig machen, aber zwischen Russland und NATO ist nahezu erneut Kalter Krieg und militärischer Konflikt auf diversen Schlachtfeldern. Viele Russen wären froh, wenn nur "Russlandkritik" wäre und keine "Russenfeindschaft".
Und statt von "USA-Kritik" ist häufig von "Antiamerikanismus" die Rede, ebenfalls ein schärferer Begriff als "Israelkritik", wenn seriös an Begriffen Kritik geübt werden soll.
Viele Russen wären froh, wenn nur kritisiert würde und es keine Sanktionen gegen Russland gäbe, wie immerhin überhaupt nicht in Betracht kam, als George W. Bush & Co. völkerrechtswidrig über Afghanistan und den Irak herfielen. Schon deshalb nicht, weil "wir" mehr oder minder mitmachten und Schadensersatzforderungen f.
Viel "Israelkritik", mal mehr, mal weniger berechtigt, erleben wir tatsächlich als Judenfeindschaft, eben als Antisemitismus.
So mag die Debatte um den Begriff "Israelkritik" zwar beklagen, dass es am Begriff "Russlandkritik" fehle, aber seriös ist das nicht, denn im Verhältnis zu Russland wäre der Begriff "Russlandfeindschaft" bedauerlich realistischer.
Dass Überdies
immerhin definiert sich die Politik unserer westlichen Regierungen gegenüber Russland inzwischen sich nur für Israel