Es war exakt "Ziviler Ungehorsam":
"Ungehorsam", weil gegen Untersagung,
"zivil", weil nicht gewaltförmig und verhältnismäßig, um Unziviles zu hindern.
Ob 2 oder 90 %, ist zwar relevant für die Akzeptanz, aber kein Kriterium für die Einordnung als "ziviler Ungehorsam". Das entscheidet sich einzig mit der Protestform, wie oben beschrieben.
Woran ich vor der Teilnahme dachte?
Na, ich war aus allerlei Gründen besorgt:
Wegen der Kurzfristigkeit schlechten Vorbereitung, denn eigentlich war damit gerechnet worden, dass die Neonazi-Demo nicht in die Oranienburger Straße erlaubt werde.
So gab es keine Ordnerdienste und auch keine Absprachemöglichkeit mit der Polizei, wie ansonsten üblich.
Andererseits war dann die Breite der öffentlichen Empörung, dass Neonazis in die Oranienburger durften, Grund zur Erwartung breiter Teilnahme und somit gesittetem Verlaufs.
Dass es schlussendlich anders kam, lag am Nichteinschreiten der Polizei gegen die wenigen und schon an der Kleidung deutlich erkennbaren "Autonomen", die kaum 10 Meter von der Polizei entfernt gegen den Protest der Sitzblockierer eine überschaubare Gruppe um Plfastersteinbuddler bildeten.
Der Wasserwerfer wurde dann breit gegen die Friedlichen eingesetzt.
Ich hätte vielleicht Strafanzeige gegen die Polizei erstattet, aber ich war nicht getroffen, wie das Video erkennbar macht, weil ich wenige Augenblicke zuvor versucht hatte, die Polizeieinsatzleitung ausfindig zu machen, nachdem sich die den Störern nähere Polizeikräfte nicht um die Störer kümmern wollten, aber man ließ mich abblitzen - und so musste ich abseits zuschauen, wie Steinwürfe begannen und der Wasserwerfer ...
Der Wassereinsatz war unverhältnismäßig, weil Friedliche treffend - und auch ansonsten rechtswidrig, denn die Neonazi-Demo war bereits im Gegenüber der Sitzblockade schon großteils in eine Seitenstraße umgelenkt, folglich die Sitzblockade nun auch statthaft als konkludent angemeldete Demonstration, denn Polizei zugegen und alles noch immer friedlich. Aber die "Autonomen" buddelten und häuften schon Steine.
Sie brauchen mich nicht zu belehren, was Versammlungsrecht und Polizeiaufgaben anbelangt, zumal berücksichtigt und meine Demonstrationsteilnahme als Beispiel für "Zivilen Ungehorsam" verortet, weshalb Sie dann auch Einwilligung in juristische Konsequenzen voraussetzen dürfen, jedoch keine Einwilligung in polizeiliche Rechtsbrüche.
An Rechtsverstößen kam in Betracht:
Landfriedensbruch, Verstoß gegen das Versammlungsgesetz, Widerstand gegen die Staatsgewalt usw., wenn einem Platzverweis nicht gefolgt wird usw., aber unsere Rechtssprechung beurteilt "passiven Widerstand" immerhin anders als gewaltsamen Widerstand.
Die erwartbaren Konsequenzen schreckten Wolfgang Thierse nicht ab und wohl auch niemanden der sonstigen Blockierer.
Wer sich im beruflichen Fortkommen oder gesundheitlich durch solch' (anfänglichen) Verstoß gegen das Versammlungsgesetz gefährdet sieht, geht vermutlich gar nicht erst hin.
Im Übrigen schmeißt auch kein halbwegs gescheiter Vorgesetzter oder Chef jemanden raus, wenn "guter Mitarbeiter", wenn an solchem Protest beteiligt und U-Haft folgte, zumal auch das bei anständigen Mitarbeitern wenig wahrscheinlich ist, allenfalls kurzfristige Festnahme zwecks Protokoll, Personalienaufnahme und "Tschüss". Und das ist auch richtig so.
Nun schrieben Sie, auch selbst schon an Gegendemonstrationen teilgenommen zu haben.
Das aber ist hier nicht Thema, denn das Demonstrationsrecht schließt selbstverständlich auch das Gegendemonstrationsrecht mit ein, sofern sich die Demos aus dem Wege gehen.
Im Thema hier geht es um die Erörterung von Protestformen mit friedlichen Regelwidrigkeiten.
Es ging mir ganz und gar nicht darum, dass Sie nun mitmachen müssten, sondern "verstehen", denn Verstehen ist wichtig, um urteilen zu können.
Die Urteile werden auch dann noch unterschiedlich ausfallen.