#1

Militärputsch - und Völkerrecht

in Friedensforschung.de 06.02.2021 14:10
von Markus Rabanus • 10.092 Beiträge

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#2

RE: Militärputsch - und Völkerrecht

in Friedensforschung.de 06.02.2021 14:11
von Markus Rabanus • 10.092 Beiträge

Militärputsch in Myanmar und Völkerrecht

Vorab: Ich wünschte, der Weltsicherheitsrat hätte den Putschisten mit Verhaftung gedroht.

Mindestens drei Probleme gehören erörtert:

1. #völkerrechtlich mag es kompliziert sein, denn äußerer Einmischung stehen nationale Souveränitätsrechte entgegen - und laut Charta der Vereinten Nationen darf sich der Weltsicherheitsrat nur einmischen, wenn es einer "Gefahr für den Weltfrieden" abzuhelfen gilt.

In Fällen zwischenstaatlicher Konflikte dürfte einhellige Auffassung sein, dass der Weltsicherheitsrat solche Befugnis hat.
In Fällen von innerstaatlichen Konflikten, Bürgerkriegen und Verfolgung nationaler Minderheiten liegt das Verbot der "Einmischung in innere Angelegenheiten" zwar deutlich näher, ist folglich umstrittener, aber es gibt viele Konflikte, die der Weltsicherheitsrat dennoch gemeinsam anging, mal erfolgreich, mal weniger erfolgreich wie in Syrien, wo man sich zwar gegen den IS einigte, aber weiterhin um die Herrschaft im Land global rivalisierte.

Und speziell zur Fall Militärputsch:

Zwar sind viele Staaten undemokratisch und alle Staaten weisen demokratische Defizite auf, aber nur ganz wenige Staaten wagen sich gegen die Demokratie zu bekennen und tricksen dann herum mit "besonderen Eigenheiten", die aller Realität entgegen doch auch irgendwie "demokratisch" seien, "weil vom Volke gewünscht, geliebt" usw.

Jedenfalls ist weltweit das Bekenntnis zur Demokratie - auch Pekings und Moskaus - so vorherrschend, dass die Verurteilung eines Militärputsches einhellig sein könnte.

Doch auch da lässt sich tricksen, wenn es bspw. heißt, der Putsch sei vom Volke getragen, was sich immerhin auch nicht in allen Fällen ausschließen lässt,

ABER dann sehe ich die Weltgemeinschaft eben in der Pflicht zur Klärung, also bspw. eine sofort unter Regie der Vereinten Nationen durchzuführende Volksabstimmung, ob der Putsch demokratisch gebilligt wird.

Auch das hätte man den Putschisten von Myanmar zumindest anzudrohen - und Bestrafung für jedes Verbrechen, was sie bis dahin begehen, wenn sie sich nicht umgehend in die Kasernen zurückziehen.

2. Die #Verhältnismäßigkeit, der auch das Völkerrecht gebunden ist, kurz gesagt >>Je schärfer und opferreicher die Eingriffe, desto weniger legitim und weniger legal ist auch die Eignung zum Zweck, denn Recht und Frieden darf aus einem Land keinen Friedhof, keinen Schutthaufen machen.

Doch das macht Nichteinmischung und Wegschauen längst nicht richtig, sondern schließt nur die unverhältnismäßigen Mittel aus - und andere Mittel sind zu wählen, bspw. Embargo, Isolation, ...

3. Das #Vetorecht hindert den Weltsicherheitsrat an Mehrheitsentscheidungen und ist trotzdem wichtig, denn ohne Vetorecht wären die Vereinten Nationen nie geworden oder hätten den Kalten Krieg nicht überstehen können, wenngleich allen klar ist, dass solche Privilegierung keine Ewigkeit beanspruchen darf und sich auch die Vetomächte dem Willen der Menschheit im Sinne der durch die UNO-Charta verbürgten Nationen-Gleichheit zu fügen haben.

Doch noch ist das Vetorecht - und ich trachte eher danach, es a) im Sinne der Charta zu interpretieren
und b) es schrittweise zu reformieren anstelle der Forderung nach Abschaffung.

Hier sei jetzt nur a) knapp skizziert:

Das Vetorecht privilegiert die damals fünf militärisch stärksten Staaten, sollte den Vetomächten vor allem sichern, nicht selbst vom Weltsicherheitsrat reguliert zu werden,

ABER dieses Privileg ist laut UNO-Charta zugleich besondere Verpflichtung für die Vetomächte, es im Sinne des Völkerrechts auszuüben - und wenn schon immerhin nicht gegeneinander, dann jedoch verpflichtet, alle jenseits der eigenen Grenzen aufkeimenden Konflikte völkerrechtlich und nicht machtrivalisierend einzudämmen.

Darum waren viele Vetos "völkerrechtswidrig", sobald es den Vetomächten nicht um Befriedung, sondern um globale Machtanteile ging.

Nun das Dilemma: Trotz Völkerrechtswidrigkeit keine Nichtigkeit, sondern Geltung, wie auch ein falsches Gerichtsurteil solange gilt, wie es nicht aufgehoben wird.

Achim K. und Paul O. mutmaßen m.E. zutreffend, aber wir werden uns einig sein, dass "zutreffend" oft weniger ist als "richtig", denn richtig = völkerrechtsgemäßer wäre es, wenn sich die Vetomächte gegen diesen Putsch zu mehr Strenge durchgerungen hätten.

Der erzielte Kompromiss "Wir sind besorgt" ist zu flach.


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zuletzt bearbeitet 06.02.2021 19:10 | nach oben springen


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