#691

RE: Ukraine-Krieg

in Friedensforschung.de 03.07.2022 15:44
von Markus Rabanus • 10.092 Beiträge

Reinhard, 1. es wäre gut gewesen, wenn die Sanktionen und Sanktionsdrohungen den Krieg hätten verhindern können, aber das konnten sie nicht garantieren, aber gar nichts anzudrohen, taugt noch weniger gegen Verbrechen und auch nicht Kriege.

2. Dass Putin "lacht", solltest du nicht so ernst nehmen, denn er hat sich seinen Feldzug ganz bestimmt "unbeschwerter" vorgestellt.

3. Dass die Sanktionen uns viel kosten werden, hast du gut erkannt 😎, denn den Handel gab es ja nicht zwecks Wandel, sondern aus Gründen gegenseitigen Vorteils.

4. Auch dass der Krieg ungeheure Lasten bringt, ist kein historisches Novum, aber das wurde ja leider von Putin so entschieden, während er vom Westen nach meinem Geschmack zu sehr gebettelt wurde, es nicht zu tun, denn ich hätte ihn wenigstens im Unklaren gelassen, ob wir der Ukraine mit unseren Streitkräften beispringen.

5. Das Einzige, was ich ihm zugesichert hätte, dass von hier kein Atomangriff erfolgen werde, denn das macht Sinn, weil niemandem zusteht, die ganze Menschheit in einen Konflikt einzubeziehen, den man ihr zu entscheiden verweigert.

Welchem Punkt magst du widersprechen?


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#692

RE: Ukraine-Krieg

in Friedensforschung.de 03.07.2022 16:32
von Markus Rabanus • 10.092 Beiträge

Reinhard, ja, das kann passieren, lässt sich vielleicht sogar berechnen. Und wir energiesparen noch immer nicht, wie ich es schon oft auch für Haushalte pro Kopf vorschlug.

Aber es kann auch anderes passieren, dass die NATO heftig wird und wir gemeinsam mit Putin die Menschheit im #Feiglingsspiel versenken.

Denn das ist wahre Logik der Gegenseitigen Abschreckung, während die Atomwaffenjunkies nicht auf dem Schirm haben wollten, dass jemand Macht erlangt, dem weniger als mir am Wohl des Planeten liegt.


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#693

RE: Ukraine-Krieg

in Friedensforschung.de 03.07.2022 17:51
von Markus Rabanus • 10.092 Beiträge

Wolf, mein Pazifismus ist ganz klar positioniert, dass es nicht genügt, Kriege nur zu verbieten, denn sie bleiben dadurch ermöglicht, dass an "Konzepten" der GEGENSEITIGEN Abschreckung festgehalten wird, während es für die richtige Abschreckung eines effektiven UNO-Gewaltmonopols bedarf, dem alle Streitkräfte zu unterstellen wären.

Wer es nicht wenigstens verlangt, hat die Wichtigsten Lehren aus Weltkriegen und gescheitertem Völkerbund entweder nicht kapiert oder will sie sabotieren.

Wenigstens die Letzteren dürfen mir eigentlich über Kriege nicht jammern.

Eine "Europäische Sicherheitsarchitektur" hätte gleichfalls so auszuschauen, wie ich es für das Globale fordere, also alle Streitkräfte unter Europa-Befehl.

Nichts dergleichen schwebte Herrn Putin vor und auch vielen anderen nicht.

Und jetzt das #Wichtigste:

Du schlussfolgerst, die USA und NATO treffe "schwere Schuld".

Ich muss nicht fragen, "wie schwer" dir die Schuld wiegt, denn entscheidend für die Kriegsschuld ist, wer vom Streit zum Krieg übergeht, ansonsten würde es beliebig, was jemand als "Provokation" usw. auffasst.

Wer den Krieg nicht will, der muss ihm solch' scharfe Grenze ziehen - und die Streitenden im Falle deren Nichteinigung an den IGH verweisen.

Dass es die Streitenden nicht tun oder nur dann wollen, wenn ihnen der zu erwartende Schiedsspruch gefällig ist, liegt einfach daran, dass die Kriege noch immer bloß verboten sind, aber das völkerrechtlich zu schwache UNO-Gewaltmonopol nicht einschreiten kann, solange die Streitparteien stärker als die Blauhelme sein dürfen.

So banal ist es >> Je schwächer das Gewaltmonopol, desto mehr Selbstjustiz.

Wenn es die Menschheit nicht kapiert, sogar ein lieber Mensch und Jurist Polenz nicht dafür streitet, muss sie mit Kriegen leben und wird Dank technischen Fortschritts darin untergehen.


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#694

RE: Ukraine-Krieg

in Friedensforschung.de 03.07.2022 18:36
von Markus Rabanus • 10.092 Beiträge

lb. Wolf, "genug" oder "nicht genug" bleibt doch immer sehr vage, zumal wenn es "schief geht".

Den Appell mag ich nicht unterstützen, weil er den selben Fehler für die Fortdauer des Krieges wiederholt, den sie oder andere schon vor dem Kriege machten, man hätte Putin mehr entgegen kommen sollen.

Ich verteidige den Appell nur gegen allzu Übergriffiges, da in ihm ausdrücklich Putins Krieg verurteilt wird, darf niemand so tun, als sei der Appell im Kreml formuliert.

Auch andere Stimmen haben mir Gewicht, wenn bspw. jemand glaubt, a) die Ukraine-Verteidigung sei verlorene Sache oder b) zu opferreich, dann bin ich für a) zu wenig Prophet, wer solchen Krieg verlieren wird, desgleichen zu b), ob Putins rascher Sieg ihm eine Lehre wäre, auf weitere Kriege zu verzichten.

Aber beider Auffassungen dürfen mir andere Menschen sein, denn viele Menschen tun sich unter Diktatoren leichter als ich, obgleich auch ich mich zu ducken wüsst', denn allemal weniger Kunst als Widerstand.


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#695

RE: Ukraine-Krieg

in Friedensforschung.de 03.07.2022 19:03
von Markus Rabanus • 10.092 Beiträge

Wolf, auch diese Frage lässt sich wirklich leicht beantworten, denn selbstverständlich hätten wir die russischen Forderungen intensiver diskutieren können.

Das hatte ich in Arbeit, aber Putin war schneller 🧟

Ich studierte Putins "Vertragsentwürfe" ausgiebig - wir können sie gerne wieder ausgraben, zumal Selenskij, Macron usw. ja durchaus auch nach dem 24.2. Momente aus ihnen aufgriffen.
Doch Putin dafür zu interessieren, warum Ukrainer, Balten, Polen usw. keine Lust auf russische Mitsprache haben, ist schon ziemlich hartes Brot.

Man hätte vieles anders machen können, aber im Zeitfenster der Neunziger lehnte auch ich mich zu weit zurück. - Erholungsbedarf nach Kaltem Krieg.

Das war total verkehrt, dass wir es in Sachen Weltfriedensordnung nicht vorwärts brachten, sondern bloß einen hypergefährlichen Konflikt hinter uns hatten, dem neue Konflikte folgen werden.

Ohne weltweites Umdenken in Richtung UNO-Gewaltmonopol wird es keinen Frieden geben.


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#696

RE: Ukraine-Krieg

in Friedensforschung.de 04.07.2022 11:10
von Markus Rabanus • 10.092 Beiträge

Es liegt nicht an Precht & Co., dass die NATO dem Putin kein Stoppschild setzt.
Womöglich wird auch noch zugeschaut, wie Odessa kapituliert, während sich die Verbalhelden hierzulande an Verbalkapitulanten abarbeiten.

Kämpfe in Lyssytschansk
Russland meldet Einnahme, Ukraine widerspricht
Stand: 03.07.2022 13:45 Uhr

Zehn Stunden später
Kiew kündigt Rückzug aus Lyssytschansk an
03.07.2022 22:54 Uhr


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#697

RE: Ukraine-Krieg

in Friedensforschung.de 04.07.2022 11:42
von Markus Rabanus • 10.092 Beiträge

@Agnes, es sind Bullshit-Debatten - und die oben verlinkte Kolumne ist zwar professionell geschmeidig geschrieben, aber ebenfalls Bullshit, denn aus dem "Offenen Brief" eine "Putin-PR" zu machen, ist VERLOGEN.

Wer es nicht glaubt, kann sich ja mal auf dem Roten Platz versuchen, Putins Krieg als "brutalen russischen Angriffskrieg" zu bezeichnen.

Nebenbei vollends normal, dass in einem freien Land niemals alle gleicher Meinung sind.

Wo bleibt denn seitens der Verbalhelden die Aufforderung, Putin wenigstens anzudrohen, dass wenn er noch einmal Kiew oder Odessa angreift, die NATO zuschlagen wird?

Mir scheint, die Verbalhelden hier wollen keinen Krieg.

Tja, so denkt sich das wahrscheinlich auch Precht für Odessa.


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#698

RE: Ukraine-Krieg

in Friedensforschung.de 29.09.2022 14:53
von kein Name angegeben • ( Gast )
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Ich glaube P, dass er das tun kann und tun würde, wenn es ihm selbst an den Kragen ginge, denn Russland und die Menschheit gehen ihm am Allerwertesten vorbei.

Die Nichtabschreckbarkeit von Hasardeuren, Desperados und sonstig (auch religiös) Verpeilten ist einer von vielen Gründen, warum einzig die Vereinten Nationen die mächtigsten Waffen haben sollten.

Und allgemeines Versagen aller, die sich nicht dafür einsetzten, mitverschulden, in solche Risiken zu geraten.

Darum lässt sich nur hoffen, dass die Geschichte gnädig kommt und all diese Dummheit nicht schlimmstens bestraft.

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#699

RE: Ukraine-Krieg

in Friedensforschung.de 14.10.2022 00:13
von kein Name angegeben • ( Gast )
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Wenn wir ihn aus dem Kreml in den Knast bringen könnten, dann würde solcher Strolch für die Existenz der Menschheit gefährlich, aber eine Schlacht zu verlieren, die er ohnehin nicht gewinnen darf, wird er überleben wollen.
Sieht das die NZZ ähnlich? Falls Ja, falls Nein - ich glaube nicht, dass ich von NZZ-Kommentaren wat lernen könnt'.

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#700

RE: Ukraine-Krieg

in Friedensforschung.de 22.10.2022 20:20
von Maik Müller • 19 Beiträge

https://www.radioeins.de/programm/sendun...alon_18588.html

Es ist ein schmerzliches, aber absolut notwendiges Gespräch (bzw. der schwierige Versuch eines Gespräches), weil hier nicht nur zwei Personen aufeinandertreffen, sondern zwei Welten kollidieren: Jakob Augstein - völlig egal, wie man ihn findet - steht hier stellvertretend für einen großen Teil der linksliberalen Öffentlichkeit der Bundesrepublik und für deren jahrzehntelang eingeübte politische Diskursstrategien. Und nun stellt sich heraus, dass deren theoretische Begriffe und Formen, die Welt zu hinterfragen und zu problematisieren in dem Moment überhaupt nicht mehr greifen, im dem sie mit existentiellen Formen unmittelbarer Gewalterfahrung konfrontiert werden. Und ja, das ist lehrreich: Was der Krieg für eine friedensverwöhnte Gesellschaft sein könnte, was er bedeutet, welche Zumutungen und Herausforderungen er für unseren politischen Diskurs darstellt, welche Abgründe der Sprachlosigkeit sich jetzt auftun, darüber lernt man in diesem permanent scheiternden Gespräch mehr als wenn man nur denen zuhört, die ihre Positionen in lässiger Selbstgewissheit verkünden.

Daher Dank vor allem an Tanja Maljartschuk, aber auch an Jakob Augstein.

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#701

RE: Ukraine-Krieg

in Friedensforschung.de 25.10.2022 17:39
von Maik Müller • 19 Beiträge

Ich glaube nicht, dass die unterschiedlichen Perspektiven aktuell irgendwie zu vereinen sind. Das Gespräch zeigt m. E. eben auch gerade den Abgrund, den die Kriegserfahrung aufreißt. Der Krieg schafft offenbar eine eigene Realität, und er zwingt sie den Betroffenen auf: Die Entstehung dieses WIR-Kollektivs der Angegriffenen, die Entdifferenzierung aller Weltbezüge zum Freund-Feind-Schema, die Unbedingtheit aller Überlegungen, die "Spitzung" der Emotionen, wie Frau Maljartschuk das beschreibt, die Unfähigkeit zur Distanznahme, die traumatische Verwicklung in das Geschehen: Das sind alles die offensichtlichen Folgen dessen, was der Krieg anrichtet. Das ist nicht neu, und es ist vielfach beschrieben, jedoch ist es wichtig, es zu verstehen: Der Krieg schafft nicht nur physische Opfer, sondern es fallen mit ihm auch die persönlichen Gewissheiten und die zivilisatorischen Ordnungsmuster. Das zu verstehen: Dabei hilft das Gespräch schon, wenn auch die Traumatisierung bei denen vermutlich nochmal größer ist, die der Zerstörung unmittelbar physisch ausgesetzt sind. Wir hingegen kennen den Krieg weiterhin nur aus dem Fernsehen oder bestenfalls aus den ihrerseits propagandistischen Schnippseln auf Tryxa.

Auch zeigt das Gespräch, welchen impact die Opferperspektive hat: Es sind ja nicht nur die Volten der Gesprächsführung oder die fragwürdigen Einlassungen Augsteins, die ihn schlecht aussehen lassen. Der Vorhalt Maljartschuks richtet sich nicht nur gegen die Politik des Westens im Ganzen, sondern auch, und das ist vielleicht noch viel weitreichender, gegen das Räsonnieren, das Abwägen, das Zögern, vielleicht gegen den Einsatz von distanzierter Rationalität schlechthin, der angesichts der Realität des Tötens und der Zerstörung, die von Russland ausgeht, keinerlei Recht mehr zuerkannt wird - denn mit dem Krieg ende die Politik, so TM.

Diese Perspektive ist nachvollziehbar, aber bei aller zu Recht eingeforderten Empathie besteht die Herausforderung genau darin, die Perspektive der Ukraine nicht zum alleinigen Maßstab allen Denkens und Handelns zu machen. Dies nicht als Akt der Empathielosigkeit oder Gleichgültigkeit, sondern als bewusster Akt der Distanzierung von der alles Denken restlos vereinnahmenden Gewalt des Krieges selbst. Deswegen finde ich wiederum Welzers Forderung nach Differenzierung und nach kritischer Aufmerksamkeit hinsichtlich der Begriffe und Diktionen, die unseren Diskurs bestimmen bzw. in diesen einsickern, völlig berechtigt. Das ist sicherlich anstrengend und konfliktreich, und es wird keinen Konsens geben mit denen, die nahe dran oder involviert sind. Dennoch ist es nötig, denke ich.

So legitim die Forderung der Ukraine nach restloser Wiederherstellung ihrer territorialen Souveränität ist, so klar muss auch sein, dass die Politik des Westens nicht in Kiew gemacht wird. Und wenn es für TM völlig klar ist, dass der Krieg nur mit der "Kapitulation Russlands" enden kann (auch, wenn sie damit vermutlich die vollständige Befreiung der Ukraine und nicht den Durschmarsch bis Moskau meint) - so sollten schon gute Gründe vorliegen, wenn der Westen diesen Kurs vorbehaltlos unterstützen soll, und zwar Gründe, die die Folgen des eigenen Handelns oder Nichthandelns bedenken, und die nicht einzig aus einem ethischen Imperativ abgeleitet sind. (Und auch dabei hängt vieles nicht nur von aktuellen Entwicklungen, sondern vor allem vom Kurs Washingtons ab, denn die Ukraine-Politik wird wohl im Wesentlichen dort gemacht.)


zuletzt bearbeitet 25.10.2022 17:41 | nach oben springen

#702

RE: Ukraine-Krieg

in Friedensforschung.de 05.12.2022 03:39
von Markus Rabanus • 10.092 Beiträge

@Maik Müller, einige sind befremdet, dass ich 1. viel mehr auch militärische Reaktion gegen Putins Invasion fordere. Dafür ernte ich manche Zustimmung von falscher Seite, deren Geist dem Kalten Krieg verhaftet blieb. Viele von denen wissen zwar vieles, aber irgendwie fehlt es hirntechnisch am Vermögen, in Beziehung zu sehen, was dem Kalten Krieg an Bränden und Risiken einherging. - Obendrein die Risiken betreffend die jahrzehntelang verschwiegenen Kontrollverluste am gefährlichsten für die gesamte Menschheit waren, z.B. während der Kubakrise, dass ein sowj. U-Boot-Kommandant im 3. Weltkrieg glaubte und sein Befehl zum Atomwaffeneinsatz am Veto von

Darum fordere ich 2. klare Ansage, dass sich die Beziehungen zu Russland in dem Maße positiv entwickeln sollen, sobald/insoweit sich Russland um Wiedergutmachung des Wiedergutmachbaren bemüht, denn Russland wird weniger wiedergutmachen können, wenn sich die Beziehungen nicht positiv entwickeln. - Das soll sich aber jetzt nicht so anhören, als sähe ich Putin besiegt, denn das ist offen - und trifft die Ukraine jeden Tag schlimmer.

3. Die Opferperspektive brachte Maljartschuk überzeugend rüber - inkl. einiger Denkfehler, während Augstein mal wieder recht "unbeholfen" die Möchtegern-Neutronen repräsentierte & den Putinisten in die Hände spielte, denn es macht den Putinisten gar nicht aus, wenn Putin Rechtsbruch attestiert wird, solange die Mitschuld des Westens nicht zu kurz kommt.
Die Opferperspektive wiederum ist zwar wichtig, aber zu rechtlich zu entscheiden hat sie in internationalen Konflikten nicht, wie auch im innerstaatlichen Recht nicht >> Opfer = Zeugenstatus, nicht Richter. Das Völkerrecht geht auch diesbezüglich keine anderen Wege, so sehr die Politik davon abweicht.

4. Klar, der Westen entscheidet weitgehend, wie effektiv sich die Ukraine verteidigen kann, aber das Ob der Verteidigung wird dennoch in Kiew entschieden, denn womöglich würde sich der Westen mit dem Verlust von so einigem ukrainischen Staatsgebiet weit eher abfinden als die Ukraine, denn der Krieg kommt ja auch den Westen teuer. - Und darauf kann Putin spekulieren, wie auch umgekehrt spekuliert wird, ohne Silberstreif am beiderseits subjektiven Horizont.

5. Die Diplomatie fällt mir unter den Kategorischen Imperativ, zumal das völkerrechtliche UNO-Gewaltmonopol noch immer nicht effektiviert ist und Konflikte nicht vor dem IGH ausgetragen werden.
Aber Argumente gehen ins Leere, sobald & solange sie auf ein geglaubt funktionierendes Geschäftsmodell stoßen, wie es sich militärisch Starke dann eben auch militärisch anmaßen.
Also "Mit Putin reden" dürfte jetzt noch weniger ergiebig sein als vor dem Krieg, wie es auch für ihn oft wenig ergiebig war, dem Westen Reden zu halten, auf russische Befindlichkeiten mehr Rücksicht zu nehmen. - Befindlichkeiten erübrigen allerdings nicht die Unterscheidung zwischen berechtigten Interessen und völkerrechtswidrigen Ansprüchen.

Was bspw. von Putins "Vertragsangebot" zu halten war, fand ich nicht die Muße für detaillierte Kritik, aber die westlichen Reaktionen waren diplomatisch & völkerrechtlich weitgehend okay, denn so ein bisschen Selbstbestimmungsrecht der östlichen Nato-Mitglieder hat denen auch Moskau nicht abzusprechen, wie auch umgekehrt unter heutigen Bedingungen niemand Russland verbieten kann, mit Peking eine Allianz einzugehen.

"Unter heutigen Bedingungen" soll zugleich sagen, woran es in der Diplomatie gegenüber Putin fehlte >>

A) Der systemische Hinweis, dass wenn Putin anderer Auffassung ist, er sich an den IGH wenden soll. - Solche Ansage ersparte man ihm, weil auch der Westen es leider so gar nicht will, dass dem IGH solche Macht zugesprochen wird.

,
B) Die klare Ansage, dass falls sich Putin stattdessen für das Schlachtfeld entscheidet, dann der Ukraine auch jede Menge Beistand geleistet wird. - Das ersparte man Putin und hat ihn womöglich ermutigt, wenngleich gewichtiger sein kann, dass er wahrscheinlich Jinpings heimlichen Zuspruch hatte.

Das hat sich zu ändern, auch wenn es nicht ändert ;-)

Jede Diplomatie, die sich auf Völkerrecht beruft, aber den völkerrechtlich gebotenen Streitweg außeracht lässt, ist falsch, denn das Völkerrecht verbleibt dann allein den nationalen Perspektiven und der Selbstjustiz nach Maßgabe militärischer Kräfte.


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#703

RE: Ukraine-Krieg

in Friedensforschung.de 05.12.2022 20:16
von Markus Rabanus • 10.092 Beiträge

@Gilmor, dass sich "beide Seiten beschuldigen", macht beide Seiten längst nicht gleich, denn eine Seite hat in der Ukraine nichts zu suchen.

"Beide Seiten" zu hören, ist zwar oft wichtig, aber ein Verzicht auf Unterscheidung zwischen Aggressor und Verteidiger immer falsch.

Auch dass sich die Ukraine eine AKW-Havarie zu bescheren riskiere, halte ich für Putin-Propaganda, aber das Risiko ist zweifelsohne groß, je näher sich (z.B. Artillerie-)Stellungen in Nähe von Atomkraftwerken befinden, aktiv werden & bekämpft werden.

Obendrein dürften westliche Warnungen die AKWs betreffend, die schon mehrfach gab, in Kiew ernster genommen werden als in Moskau, denn Kiew wird nicht riskieren, an westlicher Unterstützung zu verlieren.

"Wohin schießt die Ukraine die Granaten? Etwa auf ukrainisches Gebiet?" - Suggestivfragen können gelegentlich Sinn machen, aber ich frage dich, a) welchen Sinn deine Frage haben soll, b) welche Antwort du erwartest? Und c) welche Schlüsse du daraus zu ziehen bereit wärst?

Oder möchtest du d), dass die Ukraine keine russischen Invasoren, sondern Russland beschießt?

Oder anders >> Was überhaupt wolltest du wissen lassen? Was überhaupt willst du wissen?


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zuletzt bearbeitet 05.12.2022 20:18 | nach oben springen

#704

RE: Ukraine-Krieg

in Friedensforschung.de 09.12.2022 01:10
von Markus Rabanus • 10.092 Beiträge

Dirk K., auch wenn du kein Unschuldsengel sein solltest, dürfte ich dir nicht in deine Wohnung einbrechen. So ähnlich ist es auch mit dem Völkerrecht.


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#705

RE: Ukraine-Krieg

in Friedensforschung.de 09.12.2022 01:39
von Markus Rabanus • 10.092 Beiträge

Idioten werden es nie kapieren >> Atomare Kurz-, Mittel- und Langstreckenraketen machen keinen Unterschied, denn wer nicht im Bunker ist, für den kommt alles zu schnell - und wer im Bunker wäre, wird darin sein Ende bald nach dem letzten Dosenfutter finden.
"Russland braucht Sicherheitsgarantien", wie jedes andere Land, wie die Ukraine auch & ist von Russland überfallen.


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