Phillip S., auch diese Frage stellte ich mir oft - und dachte dann aber auch gründlich darüber nach, denn wenn etwas wichtige Frage ist, dann darf es nicht bei Fragezeichen bleiben.
Es gibt schon viele juristische Texte von mir zu einzelnen Aspekten, aber hier mal nur zur emotionalen Seite:
Den Gehängten der Nürnberger Prozesse weine ich keine Träne nach, aber kritisiere dennoch die Todesstrafe und andererseits die milden Urteile gegen Speer und andere.
Es kann jedoch sein, dass ich damals das Erhängen dieser Massenmörder gut geheißen hätte,
a) unter dem akuten Eindruck der Dimension der Verbrechen,
b) weil die Todesstrafe damals mehr als heute dem Zeitgeist entsprach - und mir auch mein Denken Befangenheiten im Zeitgeist verdächtig bleibt.
Einer von vielen Gründen gegen die Todesstrafe ist, dass ich zwar tatsächlich töten kann, vielleicht insoweit deinem Bilde vom Gutmenschen nicht genüge, aber eben nur unter den engen Voraussetzungen, wie sie für das Notwehr- und Nothilferecht geboten sind.
Ein Urteil, einen in meiner Gewalt befindlichen Mörder zu töten, würde ich nicht befolgen, obgleich ich - wie schon gesagt - töten kann. Aber dann muss auch klar sein, dass ich mir keinen schlanken Fuß mache und zustimmen dürfte, dass mich andere in solcher Vollstreckung vertreten.
Wenn die Karten anders liegen, ich hätte z.B. den Mörder meines Kindes, dann wäre mir womöglich auch Folterung und jegliche Tötung zu milde, aber das Emotionale genügt nicht zum Recht.
Und gegen Lynchjustiz schritt ich auch dann ein, wenn sie meinetwegen erfolgte.
Je mehr geistige Reflektion, desto weniger Bestie ist der Mensch.