#1

Querfront

in Antifaschismus.de 14.08.2017 13:13
von Markus Rabanus • 10.087 Beiträge

UNFERTIG UNFERTIG UNFERTIG UNFERTIG

Es ist weitgehend unergiebig, wenn man mit Leutchen über Themen diskutiert, an denen ihnen bloß aus Instrumentalisierungsgründen liegt. Das ist mit dem Antifaschismus so, mit dem Antimilitarismus, mit Umweltthemen, mit allem so.
Ich schreibe ab und an in einer Berliner Facebook-Gruppe, die sich als Teil der "Friedensbewegung" ausgibt, aber wie in Ost-West-Konfliktzeiten glaubt, möglichst einseitig zu rocken. Die dort federführenden Leut' kennen mich seit Jahrzehnten persönlich und politisch, hätten sich eigentlich über mein Auftauchen zu freuen, auch wenn wir oft verquer waren, aber dazu fehlt es halt auch menschlich.
Einige von denen hatten früher "Ämter" und "gesichertes Auskommen". Mit dem Mauerfall alles weg. Oder auch nicht, denn Putin ohne "Auslandsabteilung" ist mir schwer vorstellbar. Das nun nicht als Generalverdacht, aber die überdauernde Einseitigkeit lässt sich seit 1989 längst nicht mehr ideologisch "mit dem Klassenstandpunkt begründen", wie es für alle Halbwahrheit üblich war.
Und da in diesen Kreisen nur Kundtun stattfindet, wenn ideologisches, ökonomisches Interesse dahinter, fragt sich, welches genau, denn beschaut man sich, wat Putin treibt, obgleich ich Russland allerlei Zumutung erspart hätte und auch künftig ersparen würde, dann findet sich für die Einseitigkeit längst auch kein ideologisches Argument mehr, denn ganz so kommunistisch ist das heute Russland ja nun wirklich nicht mehr. So kämen bloß noch ökonomische Interessen der Autoren in Betracht, aber vielleicht genügt ihnen ja tatsächlich Hartz4.

Na ja, meine Stellungnahmen werden gelitten ;-), aber würden man sich drauf einlassen, hätten sie einen Großteil ihres Schmarrens zu löschen.

Wozu dann dort gucken? Weil verlässlich auf den Punkt gebracht wird, wat Putin im Westen getrötet sehen will. Und solange Putin wichtig ist, wird man ihm nicht bloß zuhören, sondern auch Antwort haben müssen. Daran fehlt es. Die Ignoranz gegenüber Putin ist saudämlich.

Als "Friedensbewegung" braucht man solche Gruppen nicht durchgehen zu lassen, denn wer für die Kriegstreiber der anderen Seite die Trommeln schlägt.

Thema "Querfront": Als ich den Begriff in jungen Jahren erstmals hörte, wusste ich nüscht, in welchem Gebrauch er war, sondern hatte die Vorstellung, da sei eine Front zwischen Streitenden - und es mache Sinn, ihnen eine Querfront einzuziehen, dass wer sich auf falsche Weise streitet, ein Problem mit Dritten bekommen solle.

Was tatsächlich unter "Querfront" verstanden wurde, hätte ich wohl eher als "unheilige Allianz" bezeichnet.
Insofern ist mir sogar heute noch ärgerlich, in welcher Weise der Begriff "Querfront" gebräuchlich ist, denn "quer" ist mir auch in der Natur zu geläufig, um "falsch" zu sein, sondern oft genug Indiz dafür, dass ich wat falsch betrachte.
Also ähnlich wie "Querdenken", dass oft kein Weiterkommen ist, wenn in einer Denkrichtung befangen, Gegenargumente nicht geprüft, ganz andere Ansätze gar nicht erst erahnend. Aber die Wissenschaft verlangt genau das, wenn sie nicht schleichen mag, sondern auch mal auf Ideen-Prassel hofft, dat wat trifft.

Zur "Querfront" im verwendeten Sinne: Es ist ein größeres Thema als meist gemeint. Klaro herrscht unter gescheiteren Leuten Einigkeit, dass "Querfront" historischer Irrweg besonders in Deutschland war, denn was sich einander an Reexen und Liexen verband, fand sich alsbald an der Wand und erschossen nicht bloß durch Querschläger.

Solcher Art "Querfront" war allerdings auch der Hitler-Stalin-Pakt gemeinschaftlicher Widerlichkeit, andererseits könnte gleichfalls die zu späte Allianz gegen Nazi-Deutschland "Querfront" genannt werden, denn feindlicher als sich diese Allianz war und sodann auch noch atomar wurde, zeigte sich schon im Rekrutieren von Wissenschaftlern und Extremisten beiderseits des "Eisernen Vorhangs".

Und heute? Da noch immer das Recht des Stärkeren praktizierten Vorrang hat, trotz UNO-Charta und Ethik, ist der "Pakt mit dem Teufel" noch immer kein Tabu, sondern allerorten höchste Staatsdoktrin (z.B. Taliban als Partner, dann wieder nicht, z.B. Saudi-Arabien usw.), wenngleich Verteufelung wenig gescheit ist, denn mit Sachlichkeit käme man weiter, wenn es denn irgendwann mal vernünftiger zugehen soll.

"Mein Herz ist rein, mir soll keine Querfront sein", wäre richtig. Aber hat wer ein Prinzip hat - und selten käme man mit wenigen aus, der prüfe gründlich und auch das Gegenteil - aus Prinzip, auch in die widerlichsten Richtung, um überhaupt zu verstehen. Und Wirres obendrein, wegen des Zufallsprinzips.

So dürfte dem "Zigeuner", Juden, Kommunisten, Antikommunisten, Demokraten, Islamisten usw. weitgehend gleichgültig gewesen sein, welche "Querfront" aus dem KZ oder sonstiger Hölle befreit oder darin verrecken lässt.

"Not kennt kein Gebot", aus Not wird mit allem kooperiert. Zwar nicht jeder, denn ich sähe mich da eher kühn mit letztem Sinnspruch ins Grab hüppen, aber sicher ist das nicht - und schon erst recht nicht für die Masse.
So scheint es jetzt in Syrien, wobei die Seitenwahl so schwer fällt, dass auch deshalb richtig ist, syrische Flüchtlinge "im wehrfähigen Alter" Asyl zu gewähren, weil dort auf beiden Seiten der "Pakt mit dem Teufel" zu Werke geht. Und derart verfahren, dass "Flüchte, wer kann!", richtig entscheidet. - Und Millionen können nicht weg, haben in vielen Regionen keinerlei Chance zur Neutralität oder guter Allianz, so dass der "Pakt mit dem Teufel" unausweichlich ist - und vermutlich auch schlimmes Verstricken.

Nun noch als letzt bedachten Aspekt der "Pakt mit dem kleineren Übel":

Verhält es sich so ähnlich, wie mitunter scheint, dass es zum Wahlkriterium tauge?

Jetzt könnte ich zunächst ins Dialoglexikon schauen, was ich früher darüber schrieb, aber ich schalte lieber mal wiederholtes Neudenken dazwischen, denn vielleicht ist dann anderer Aspekt, zumal hier jetzt aus anderer Thematik kommend als anlässlich von Wahl-Debatten.

Unausweichlich aber erinnert sich mir leider, "kleinere Übel" nicht unterstützen zu dürfen, wenn sie bloß "kleiner" sind, aber sich nicht durch Besser-Sein unterscheiden.
Wäre das allemal richtig? Es kann immerhin auch darum gehen, dass sich Schlechtes vermeiden lässt, indem Schlechtes in den Weg gestellt wird, sofern es an Gutem fehlt.
Beispiele? Prüfen.

Und ist es bloß Schönreden, wenn es statt "kleinerem Übel" dann "mehr Schnittmenge" heißt? Es fehlt grad die Lust zur Tiefenprüfung, deshalb auch als "UNFERTIG" den Text gelistet, denn zum sonst üblichen "Zwischenergebnis" genügt es nicht, wenn Fragen bloß aufgeworfen und nicht wenigstens Antwort probiert worden ist.

Doch auch schon anderswo im Dialoglexikon werde ich erläutert haben, dass "Allianz mit kleinerem Übel" sein dürfe, um größeres Übel aus dem Spiel zu nehmen, aber das lohnt nur, wenn das kleinere Übel am Ende kleiner bliebe als die sich selbst zugedachte Heiligkeit. Und darauf spekuliert nahezu jeder in unheiliger Allianz, bleibt riskant, wenn nicht bloß "Spiel", sondern Realität.

Ich hoffe, solche Betrachtung befremdet nicht, sondern klärt vielmehr, dass es hierzulande keinerlei Rechtfertigung für "Unheilige Allianzen" geben kann.


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#2

RE: Querfront

in Antifaschismus.de 11.12.2018 20:53
von Markus Rabanus • 10.087 Beiträge

@Martina, hinsichtlich seiner Sichtweise verließ mich drauf, was dir oben daran bemerkenswert erschien.
Grob gesagt lese ich nur in zwei Fällen mehr als das Posting oder gar nur den Titel:
a) wenn es Thesen sind, die Erkenntnisgewinn erhoffen lassen und mir nicht schon zu oft oder ähnlich begegneten,
b) wenn es um Autoren geht, deren Weiterentwicklung mich interessiert.
./.
Ob "wir Revolutionen erlebten":
Zwischen "Erleben" und Anteilnahme lässt sich gewiss unterscheiden, aber ich erlebte so einiges, was meinem Revolutionsbegriff genügt (Umsturz von Herrschaftsverhältnissen), sei es wegen unmittelbarer Wirkungen auf mein Leben und Denken, weil sich viele Konflikte in mein Berlin (seit 79) vehementer verlängern als bspw. in die Tee-Runden von bspw. Lüdenscheid.

Dir dürfte bekannt sein, was es da alles an Umstürzen international gab, vielleicht weniger bekannt, was es an meinen Unis und in meinen Nachbarschaften anrichtete.
Aber ganz bestimmt wirst dich der Hoffnungen und Skepsis erinnern, auch den Ernüchterungen, dass politischer Aufruhr zwar jede Menge zu ändern vermag, aber viel seltener zu bessern.

In Frankreich toben sich Gelbwesten und Polizei gegeneinander aus.
Viele Polizisten sind überarbeitet und fassen Demonstranten schon berufsbedingt als Feinde der eigenen Freizeit und Familie auf.
Viele Gelbwesten sind lieb, demokratisch und fallen weniger auf, je mehr rigoroser andere zur Sache gehen.

In Deutschland schauen viele neidisch auf die Gelbwesten, als dürfe sich auf der Straße entscheiden, was sich in den Wahlkabinen anders oder gar nicht entschied.

Und unzweifelhaft setzen sowohl in Frankreich als auch in Deutschland insbesondere Rechts- und Linksextremisten größere Hoffnungen auf die Unruhen als es diejenigen tun, die um den Lack ihrer Autos fürchten und strikte Gewaltlosigkeit verlangen.

"Rechts- und Linksextremisten" - das war in den Siebzigern und Achtzigern kaum jemals gemeinsam unterwegs - und ist auch heute weit überwiegend ungewollt, aber Querfront-Tendenzen sind stärker geworden, folglich auch stärker zu berücksichtigen.

Und dann ist eben wichtig: Soziale Ungerechtigkeiten


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