Richtig ist, dass wir uns keine Illusionen machen dürfen, aber mir lassen sich die Betreffs-Illusionen nur vermeiden, wenn ich sie denn hätte. Und Bidens Wahlsieg feiere ich gewiss nicht wegen der genannten Kriege, sondern weil ich ein anderes Amerika unterstütze, welches von den Trump & Co. vier lange Jahre Tag für Tag brüskiert wurde.
Und die Kriege? Waren es Bidens Kriege? Ob Bidens Wunsch oder Staatsräson, macht im Effekt wenig Unterschied, aber Motive sind nicht vollends belanglos, denn mitentscheidend, was man tun darf oder zu unterlassen hat.
Und prinzipiell nicht falsch, Massenmörder wie die Taliban und Saddam Hussein von der Macht zu verdrängen, aber nicht so (völkerrechtswidrig) wie geschehen.
Und mir persönlich wiegt es schwerer, dass es Kriege auch der von mir gewählten Parteien waren, die gegen meinen Willen in Afghanistan einmarschieren ließen, als dürften terroristische Anschläge Kriegsgründe sein. Aber es wurden keine Lehren gezogen aus dem Attentat von Sarajewo und dem 1. Weltkrieg.
Deutsche Mitverantwortung auch für den Irakkrieg, denn Schröder und Fischer verschwiegen uns und der Welt, dass die von Powell im Sicherheitsrat behaupteten "Beweise für mobile Chemiewaffenlabore" von einem Exil-Iraker stammten, den der BND für einen Schwindler hielt.
Schröder und Fischer glaubten, der Bush-Regierung solch' Schweigen zu schulden - aus schlechter Gewohnheit in Allianzen.
Unsere rot-grüne Regierung verweigerte sich zwar dem Irakkrieg, aber wahrscheinlich eher aus wahltaktischen Gründen - und an deutschem Zuspruch fehlte es nicht, als sich Angela Merkel als damalige Oppositionsführerin hinter die US-Bombardements auf Bagdad stellte, wenngleich ich die Bundeskanzlerin seit einigen Jahre oft lobe - und auch damals von ihr den persönlichen Eindruck hatte, dass sie sich besten Gewissens an Bushs Seite und Abweg stellte.
Illusionen macht sich hierzulande, wer dieses Hierzulande für eine Friedensmacht hält, wie am heutigen 65. Jahrestag der Bundeswehr.
Dieser Jahrestag ist gleichbedeutend mit dem 65. Jubiläum der wiederbelebt deutschen Rüstungsschmieden und militärischer Teilhabe am Kalten Krieg - auch der beiden deutschen Staaten gegeneinander im damals geteilten Deutschland, das mit gegenseitigen "Gelübden" Gehorsamkeit für den gemeinsamen Untergang zelebrierte und riskierte.
Mit Joe Biden und Kamela Harris - hoffe ich - lässt sich besser als mit Trump und Pence reden, aber man muss es auch tun. Wenn ich mir die Reden unserer Regierung und Opposition des heutigen Tages anhörte, dann zweifle ich, dass die Chancen genutzt werden.